Thread Reader
Pedro

Pedro
@mfphhh

Jan 30, 2023
13 tweets
Twitter

Zum Streit Pro oder Kontra Verhandlungen mit Putin 🧵 Die deutsche Bevölkerung erscheint gespalten in der Frage, ob es möglich/sinnvoll ist, den Krieg jetzt durch Verhandlungen zu beenden. Hier einige Gedanken über den Unterschied des heutigen Russlands zur UdSSR: 1/13

Viele haben ein Bild der UdSSR in Erinnerung, die obwohl sie brutale Diktatur, Unterdrücker von Nachbarstaaten und eigener Bevölkerung, Verbreiter von Zersetzung und Desinformation im Westen war, immer Verhandlungspartner blieb, der am Ende dann doch Verträge respektierte 2/13
Die UdSSR war Mitbegründerin der UN und stand am Ende für Völkerrecht und Lösung von Konflikten auf dem Verhandlungsweg ein. Es gab die vielen guten Erfahrungen mit der UdSSR, was Vertragstreue angeht: Beilegung der Kubakrise. KSZE, Gasgeschäft, Abrüstung, Wiedervereinigung 3/13
Die Generalsekretäre der KPdSU in den 70er und 80er waren keine allein herrschenden Diktatoren wie Putin heute. Entscheidungen wurden in Gremien wie Politbüro und ZK beraten, es gab internen Streit, verschiedene Fraktionen. Auf diese Debatten konnte man von außen einwirken. 4/13
Auch wenn Putin den Zerfall der UdSSR bedauert, will er deren Strukturen nicht wiederherstellen. Putin geht es um den Aufbau eines völkisch-nationalistischen Imperiums, das mit diktatorischem Führerprinzip eher an das Zarenreich anknüpft. Völkerrecht/Verträge hindern dabei 5/13
Einige Menschen in D scheinen zu glauben: Putin ginge es um Schutz von Russen in Donbass und Krim. Dafür sei die Annektion des Landkorridors von Cherson bis Swatowe. Gäbe die Ukraine ihm dieses heute besetzte Land, wäre sein Hunger gestillt. Dann gäbe es dauerhaft Frieden. 6/13
Historiker und Sicherheitsforscher sagen dazu: Putin strebt eine Annektion der gesamte Ukraine an. Anhand seines bisherigen Agierens gibt es wenig Anhaltspunkte dafür, dass Putin irgendwelche Vereinbarungen einhalten würde, die man mit ihm heute vertraglich treffen könnte. 7/13
Putin und einen nicht unbedeutender Teil der russischen Bevölkerung haben ein Selbstbild Russlands als expansiver, imperialer Macht entwickelt, die durch ihre Atomwaffen unbesiegbar sei. Sie definieren einen "russischen" Raum, den es gilt, zurückzuerobern. 8/13
Nach Putins Vorstellung kann sich ein russisches Imperium nur entfalten, wenn es nicht durch Verträge oder internationales Recht gebunden ist. Verhandlungen dienen taktischen Zwecken: für Atempausen, zur Täuschung. Versprechen werden bei günstiger Gelegenheit gebrochen. 9/13
Ein brandgefährliches Element dabei: Putin missachtet die Vereinbarungen von KSZE und OSZE, die den Kern der europäischen Sicherheitsarchitektur seit 1975 darstellen. Er demütigt diese Institutionen, lässt z.B. jetzt Helsinki-Gruppen verbieten. 10/13 fr.de/politik/russla…
Ich befürchte, wir werden am Ende des Jahre 2023 erkennen: es gibt keinen einfachen Weg aus diesem Konflikt. Weder Verhandlungen noch Waffenlieferungen werden den Konflikt schnell beenden. Die Existenz von Putins korrupten Regime hängt vom Fortbestand des Konflikts ab. 11/13
Putin, seine Komplizen, und die russischen Eliten benötigen den Konflikt, um vor krasser Korruption und Ungerechtigkeit in Russland abzulenken. Ein Kampf gegen einen äußerer Feind, der das Folk zusammenschweißen soll. Das ist eigentliche die Ursache des Konflikts. 12/13
Selbst bei erfolgreichen ukrainischen Offensiven und Rückeroberung von Gebiet könnte Russland die Ukraine weiter bombardieren. Ähnlich wie die Hamas. Bis der imperiale Traum Russlands ausgeträumt ist. Und Russen sich zu tiefgreifende Reformen ihres Landes entscheiden. 13/13
Missing some tweets in this thread? Or failed to load images or videos? You can try to .