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Johann Stephanowitz

Johann Stephanowitz
@JStephanowitz

Sep 9, 2022
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Unweit von Gelati liegt dann noch das Kloster Motsameta, das wie man sieht, häufig für Hochzeiten genutzt wird. Hier befinden sich die Gebeine der Märtyrer Davit und Konstantin, die im 8. Jahrhundert ermordet wurden, als sie eine Rebellion gegen die Araber organisierten.

Wenn du „Gamardschoba“ (georgisch für Guten Tag) so akzentfrei sprichst, das dich alle für einen Einheimischen halten. 😅
Es ist wohl einer der skurrilsten Gebäude in Kutaisi mit einer tragischen Geschichte. Ende der 2000er wurde Initiative des damaligen Präsidenten Micheil Saakaschwili entschieden, das georgische Parlament nach Kutaisi zu verlegen…
… dafür wurde an der Stelle des früheren sowjetischen Ehrenmals dieses futuristische Gebäude des spanischen Architekten Alberto Domingo errichtet, das 2012 eingeweiht wurde.
Nach der Abwahl Saakaschwilis wurde jedoch entschieden das Parlament zurück nach Tbilisi zu verlegen. Seitdem steht das Gebäude leer. Es gibt in der Stadt Debatten was mit dem Gebäude geschehen soll und auch eine Initiative das Parlament zurück nach Kutaisi zu holen.
Jedenfalls scheint man nicht sehr stolz darauf zu sein, 110 Millionen $ für ein leerstehendes und inzwischen verfallendes Gebäude ausgegeben zu haben. Bei meinem Besuch machte mir ein Wachmann deutlich klar, dass ich verschwinden soll und auch Fotos seien hier nicht erwünscht.
Jetzt gehts nach Tbilisi. Der Bahnhof liegt etwas außerhalb von Kutaisi, hat aber sogar eine kleine Bahnhofskneipe.
Ich weiß ja nicht, warum alle immer mit dem Marshrutka nach Tbilisi fahren wollen, so ist doch viel gemütlicher.
Tskaltubo ist einer der Orte, den viele Menschen, die in der UdSSR aufgewachsen sind, kennen. Schon im 19. Jhdt. zogen die Quellen Kurgäste an. Unter Stalin wurden dann mehrere große Sanatorien dort gebaut – jedes Kollektiv hatte sein eigenes. - Sanatorium Shakhtiori.
Die Stadt war der bekannteste Kurort der Sowjetunion mit Zehntausenden Gästen jährlich. Ein Aufenthalt dort diente aber nicht nur der Erholung, sondern auch der ideologischen Schulung des „Sowjetmenschen“ mit Theatern, Kinos und anderen Kultureinrichtungen. - Sanatorium Iveria
Die Auflösung der UdSSR besiegelte auch das Ende des Glanzes in Tskaltubo. In den Sanatorien kamen Flüchtlinge unter, die vor dem Krieg aus Abchasien geflohen waren. Im Kurpark wurde Gemüse angebaut und Vieh gehalten und die Möbel und Parkette der Bäder verheizt. - Hotel Aia
Bis heute leben in einigen der Bäder noch Flüchtlinge, zum Teil auch schon in zweiter und dritter Generation. - Sanatorium Metalurg
Einige Sanatorien sind aber heute auch beliebte Locations für Hochzeiten - Sanatorium Medea
Die Kurgäste konnten auch mit dem Zug kommen - bis vor wenigen Jahren hielten an dem Bahnhof auch noch Elektritschkas
Stalin und die EU-Flagge hat man auch eher selten auf einem Bild. - Badehaus Nr. 6
Die Quellen in Tskaltubo waren schwach radioaktiv.
Außerdem gibt es hier ein kleines Museum im ehemaligen Wohnhaus des georgischen Schriftstellers Otia Iosseliani.
Heute Stadtrundgang in Tbilisi.
Ein typischer Innenhof in Tbilisi: Die Menschen leben auf kleinem Raum zusammen und teilen viel gemeinsam.
Früher gab es viele solcher Häuser in Tbilisi, doch viele wurden infolge der sowjetischen Stadtplanung abgerissen. In diesem Viertel wurde dieses Haus nur erhalten, weil hier der Arzt von Stalin lebte.
Hier tagt das Parlament seit 2019 wieder.
Denkmal für die Opfer des 9. April 1989 vor dem Parlament. Es dient offenbar auch, um an georgische Freiwillige zu erinnern, die im Krieg in der Ukraine getötet wurden.
Auf dem Freiheitsplatz stand früher Lenin, heute ist hier eine Statue des Heiligen Georg.
Die Solidarität zur Ukraine ist an vielen Orten in Tbilisi sichtbar. Und zwar mit deutlichen Worten und keinen Friedenstauben.
Auch Georgien hat in den Kriegen um Abchasien und Südossetien seine Erfahrungen mit russischer Agression gemacht. Entsprechend will man Russisch hier nicht hören.
Wir haben auch über die Lage in #Aserbaidschan gesprochen. Unsere Dozentin sagte, das es für sie und viele andere Wissenschaftler wegen Einreiseverboten unmöglich ist dort zu forschen: "Es ist schlimm, was der Əliyev-Clan in den letzten Jahrzehnten aus dem Land gemacht hat."
Ansonsten ging es heute um die russische Annektion des Kaukasus im 19. Jahrhundert - und man kann dort definitiv von einer Kolonialherrschaft sprechen: Der Referent verglich diese ganz eindeutig mit dem Verhalten Frankreichs in Nordafrika oder Großbritanniens in Indien.
Der Gudiashvili-Platz in der Altstadt ist ein gutes Beispiel für Gentrifizierung in Tbilisi: Er wurde in den vergangenen Jahren saniert, was viele seiner bisherigen Anwohner:innen verdrängte
Die Friedensbrücke in Tbilisi
Es ist schon ein merkwürdiger Zufall, dass sich ausgerechnet neben der Zentrale der Regierungspartei Georgischer Traum ein Kasino befindet …
Der georgische Präsidentenpalast in Tbilisi versteckt sein architektonisches Vorbild offenbar nicht.
Heute noch ein Nachtrag zu Kutaisi: Die Stadt hatte seit dem Mittelalter eine jüdische Gemeinde und bis heute leben hier Jüdinnen und Juden. Der Ort hat auch mehrere Synagogen aus dem späten 19. und 20. Jahrhundert.
Leider waren sie bei meinen Besuchen geschlossen. Aber immerhin durchs Fenster konnte ich einen Blick auf die reichhaltigen Malereien erhaschen.
Vor den beiden Synagogen steht ein Denkmal für den Übersetzer Boris Dov Gaponov (1934-1972), der unter anderem das georgische Nationalepos „Der Recke im Tigerfell“ ins Hebräische übersetzte.
Die berühmten Schwefelbäder von Tbilisi
Eine einzige Moschee hat in Tbilisi den Abrisswahn der Sowjets überlebt. Der Bau stammt von 1895. Ungewöhnlicherweise beten hier Schiiten und Sunniten zusammen.
Heute gab es auf der Sommerschule einen Vortrag über die meschetischen Muslime. Diese lebten in Südgeorgien, bis sie 1944 auf Befehl Stalins nach Zentralasien deportiert wurden. Nach Stalins Tod wurde ihnen dabei nicht erlaubt nach Georgien zurückzukehren.
In Usbekistan kam es 1989 sogar zu Pogromen gegen die dort lebenden meschetischen Muslime, die daraufhin nach Aserbaidschan gebracht wurden. Sie wollten aber eigentlich zurück nach Georgien.
Nach der Auflösung der UdSSR wollte Georgien aufgrund des dort vorherrschenden christlich-orthodoxen Nationalismus die muslimische Minderheit nicht aufnehmen. Erst nach und nach konnten einige meschetische Muslime zurückkehren.
Heute leben sie unter anderem in dem südgeorgischen Dorf Nasakirali. Im Sommer migrieren sie dann immer für einige Monate in die nahegelegene Türkei, um auf den dortigen Teeplantagen Geld zu verdienen. Dies ist für sie recht einfach, da ihre Sprache dem Türkischen ähnlich ist.
Auch wenn es (etwa durch Türkisch-Sprachunterricht für ethnische Georgier) inzwischen einigen Austausch gibt, ist es für die meschetischen Muslime weiterhin sehr schwierig, im christlich geprägten Georgien eine Perspektive zu finden, obwohl sie sich selbst als Georgier fühlen.
Einen weiteren spannenden Vortrag gab es über die Lage der Jesiden in #Armenien. Nicht nur, dass ich viel über den jesidischen Glauben und ihr Kastensystem gelernt habe, sondern mir war zuvor auch unbekannt, dass diese die größte ethnische Minderheit in Armenien sind.
Hier in #Tbilisi kann man etwas länger Seilbahn fahren.
Hier oben gibts dann ein Freilichtmuseum mit historischen Landhäusern aus verschiedenen Regionen Georgiens.
Heute in Mzcheta gewesen, die antike Hauptstadt Georgiens und der Ort, wo Mtkwari und Aragwi zusammenfließen.
Über dem Ort thront die aus dem 6. Jahrhundert stammende Dschwari-Kirche. Sie wurde über einem Holzkreuz errichtet, das die Heilige Nino, die im 4. Jahrhundert das Christentum nach Georgien gebracht haben soll, dort errichtet hatte.
Eine weitere bedeutende Kirche in Mzcheta ist die Swetizchoweli-Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert, die über Jahrhunderte Krönungs- und Begräbniskirche der georgischen Monarchen war.
Auch zu ihrer Entstehung gibt es einen Mythos: Ein georgischer Jude soll das Gewand Christi nach der Kreuzigung nach Mzcheta gebracht haben. Seine Schwester nahm es an sich und starb sofort, worauf sie mit dem Gewand beerdigt wurde. Aus dem Grab wuchs mit der Zeit eine Zeder …
… Diese sollte für den Kirchenbau verwendet werden, doch der Baum ließ sich nicht bearbeiten. Erst durch ein Gebet der Heiligen Nino soll er an die rich-tige Stelle gerückt worden sein. Später soll dann aus ihn ein wundersamer Saft gequollen sein, der Krankheiten heilte.
Johann Stephanowitz

Johann Stephanowitz

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Journalist @zeitonline // #Osteuropa-Studien @FU_Berlin // Vorstandsmitglied @djuverdi // hier privat unterwegs
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