Feindbild NATO
Warum die NATO von Generationen von Linken und Grünen abgelehnt wurde.
Und Putin und Extremisten heute diese Emotionen triggern.
Ein Thread über Mythen des Kalten Kriegs und die deutsche Friedensbewegung.
Was wollte die NATO?
1/26
Die Militärdoktrin des Warschauer Pakts sah nicht nur Landesverteidigung, sondern auch eine Eroberung Westeuropas mit konventionellen Angriffen als Mittel der Politik vor.
Dafür wurde eine überlegene Streitmacht aufgebaut, z.B.
4x mehr Panzer
3x mehr Artillerie
als die NATO
2/26
Dass die UdSSR durchaus bereit war, mit konventionellen militärischen Angriffen ihre Macht gewaltsam durchzusetzen, zeigt die militärische Niederschlagung von Aufständen in der DDR, Ungarn und CSSR.
Aber sowjetische Stäbe planten auch die Eroberung Westeuropas
Karte von 1979
4/26
Sowjetische Planungen beinhalteten Panzer-Vorstöße entlang der gesamten Grenze DDR-BRD
Mit dem Ziel, in wenigen Tagen zur französischen und niederländischen Küste vorzustoßen.
Mit einer Feuerwalze, Tag und Nacht.
Deutsche Städte hätten wie Mariupol oder Bachmut ausgesehen.
5/26
Nebenbemerkung:
bei einer solchen Offensive beinhaltete die Planung der UdSSR, die DDR-Streitkräfte als erstes vollkommen aufzureiben, als Kanonenfutter.
Ehemalige Bürger der DDR, die heute aus Nostalgie dem „realen Sozialismus“ nachtrauern, sollten das nicht vergessen.
6/26
Damals entstanden die riesigen Bestände an sowjetischen Waffen und Munition, auf die Putin heute noch zurückgreift.
NATO-Staaten waren nicht bereit, dieses konventionelle Wettrüsten mitzugehen.
Auch weil Transport von Systemen und Nachschub über den Atlantik schwierig ist.
3/26
Daher verfolgten USA und NATO das Prinzip der nuklearen Abschreckung:
Mit Drohung, konventionellen Angriffe des Warschauer Pakt auf Westeuropa mit nuklearen „Erstschlägen“ auf die UdSSR zu beantworteten
UdSSR drohte darauf mit Zweitschlägen.
Es entstand nukleares Wettrüsten
8/29
Erstschlag heißt hierbei nicht, dass die USA unbegründet Angriffe zur Eroberung oder Ausschaltung der UdSSR starten wollten.
Sondern damit drohten, bei militärischer Eskalation des Warschauer Paktes als ERSTE Partei Atomwaffen einzusetzen.
Das war Kern der NATO-Verteidigung
9/29
Dabei wurde von der UdSSR in Frage gestellt, ob die USA die eigene Auslöschung durch den nuklearen Gegenschlag riskieren würden, falls die UdSSR NATO-Mitglieder konventionell angreifen würde.
Eine Debatte, die heute in Russland wieder geführt wird.
https://twitter.com/mfphhh/status/1670318781829087232x.com/mfphhh/status/
10/29
Karaganow schreibt dann diesen Satz:
„Der Feind muss wissen, dass wir bereit sind, einen [nuklearen] Präventivschlag als Vergeltung für alle seine gegenwärtigen und früheren Aggressionsakte zu führen,
um ein Abgleiten in einen globalen thermonuklearen Krieg zu verhindern.“
21/35
Ab 1975 modernisierten die UdSSR ihre Mittelstreckenraketen auf den zielgenaueren Typ RSD-10 (SS-20).
Sie konnten 3 Atombomben mit je 150kt bei 5000 km Reichweite auf Ziele in ganz Europa innerhalb von 5-15 Minuten abfeuern und Verteidigungsanlagen zuverlässig ausschalten.
11/29
Die NATO hatte dem nichts Vergleichbares entgegenzusetzen.
Daher entwickelten die USA ab 1976 die Pershing II Raketen mit Reichweiten von >1800 km, die innerhalb von 5 Minuten 1000 km zurücklegen konnten, um die Abschreckungs-Balance wieder herzustellen.
12/29
Diese taktischen Raketen sollten „flexible Response“ auf konventionelle Angriffe der Roten Armee androhen.
Damit bliebe der Konflikt in Europa.
Die Hemmschwelle der USA, sie einzusetzen, ist geringer. Ergebnis:
Glaubwürdigere Abschreckung gegen sowjetische Angriffsversuche.
13/29
Europäische Staaten, in denen die Pershing II Raketen stationiert werden sollten, mussten dem zustimmen.
Geheimdienste des Warschauer Paktes versuchten, mit Einflusskampagnen die öffentliche Meinung im Westen gegen diese Stationierung zu drehen:
10/29
Sowjetische Einflusskampagnen auf die westliche Friedensbewegungen hatten Tradition.
Schon 1950 wurde z.B. ein „Weltfriedensrat“ zur „nuklearen Abrüstung“ gegründet,
der vom Ostblock und westlichen Kommunisten dominiert war.
https://de.wikipedia.org/wiki/Weltfriedensrat…
14/29
Starken Einfluss hatten Stasi und KGB schon auf westdeutsche, neo-marxistisch geprägte Studentenbewegungen.
Auch viele Medienvertreter waren von einer positiven Haltung zum realen Sozialismus geprägt.
KGB-Einflusskampagnen liefen subtil und auf verschiedenen Ebenen.
15/29
Der jungen Generation in der BRD erschien die UdSSR harmlos.
Die enormen Rüstungsanstrengungen der UdSSR wurden in der westdeutschen Bevölkerung kaum zur Kenntnis genommen.
Daher waren Kampagnen, welche die USA und NATO verteufelten, erfolgreich.
16/29
Hoffnung auf Frieden führte in der BRD zu Wunschformeln wie „Frieden schaffen ohne Waffen“, die realen Planungen und Rüstungsvorhaben der UdSSR einfach ignorierten.
Die UdSSR hatte den „revolutionären Kampf“ für eine kommunistische Weltrevolution jedoch nicht aufgegeben.
17/29
Stasi-Chef Mielke wies 1975 seine Offiziere darauf hin, die „Friedens-Kampagne“ trete in eine entscheidende Phase.
„Es geht in dieser Unterstützung der westdeutschen Friedensbewegung darum, den Rüstungsvorsprung der Sowjetunion im Mittelstreckenbereich aktiv zu verteidigen“
18/29
Strategische Ziele des MfS im „Friedenskampf West“:
-politisches Klima in BRD erzeugen, dass Stationierung Pershing II verhindert.
-SPD spalten, Grüne Partei fest in Friedenslager einbinden.
-Anerkennung DDR als gleichberechtigter Staat.
-Herausbrechen der BRD aus der NATO.
19/29
Die Stasi unterstützte Gruppen wie „Ärzte gegen den Atomtod“ und baute Gruppen wie „Generale für den Frieden“ auf.
Stasi-Agenten wie der Friedensforscher Gerhard Kade wurden eingesetzt, um Generäle für diesen Verein zu gewinnen.
Die Stasi bezahlte deren Kampagnen.
20/29
Tatsächlich waren deutsche Generäle wie Gerd Bastian von NATO-Übungen wie Windex verstört, in denen die USA die nukleare Bombardierung der BRD durchspielten.
Dass es sich dabei nicht um reale Pläne, sondern einen Psychokrieg um glaubwürdige Abschreckung ging, vergaßen sie.
21/29
Bastian wurde zusammen mit Petra Kelly zu Galionsfiguren der Friedensbewegung.
Sie forderten 1980 im von der Stasi initiierten „Krefelder Appell“ an die Bundesregierung, Entscheidung für Pershing II zurückzunehmen.
Darin wurden aber keine Forderungen an die UdSSR gestellt!
22/29
Denn darauf achteten Stasi-Agenten innerhalb der westdeutschen Friedensorganisationen wie KOFAZ, DFU, DFG-VK sehr genau:
Vorwürfe sollte die Friedensbewegung nur gegen die NATO erheben.
NICHT aber gegen den Warschauer Pakt und dessen Eskalation mit SS20-Raketen.
23/29
Die Einflusskampagnen waren erfolgreich, da sie in weiten Teilen der westdeutschen Bevölkerung auf Angst vor Atomkrieg und Wunsch nach Frieden trafen.
100.000e marschierten auf Friedensmärschen und -kundgebungen mit.
Ohne zu wissen, dass dahinter Stasi-Planungen steckten.
24/29
Versuche der DDR-Opposition, auch innerhalb der DDR eine Friedensbewegung unter dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ aufzubauen, wurden von der DDR-Staatsmacht unterdrückt.
„Der Sozialismus braucht Pflugscharen UND Schwerter“,
betonte Verteidigungsminister Hoffmann 1980.
25/29
Auch nach Zerfall des Warschauer Pakts blieben als Erbe der Friedensbewegung als dumpfe Gefühle in vielen west- und ostdeutschen Herzen:
-gefährliche eskalierende friedensgefährdende USA und NATO
-eigentlich harmlose UdSSR
Diese Gefühle prägten Generationen in Deutschland 26/29
Dabei verfolgte die NATO in Europa keine aggressive Militärstrategie zur Eroberung des Ostblocks.
Nukleare Planspiele waren ein Psychokrieg, um die UdSSR vor konventionellen Angriffskriegen abzuschrecken.
Das gelang.
Die NATO war und ist deswegen eine Erfolgsgeschichte.
27/29
Putins Generation ist mit der sowjetischen Militärdoktrin aufgewachsen, politische Ziele militärisch durchzusetzen.
Wir wissen seit Tschetschenien 1999 und spätestens jetzt in der Ukraine, dass sie keine Hemmung haben, die sowjetische Doktrin der Feuerwalze heute anzuwenden
28/29
Wie sähen West- und Ost-Europa ohne NATO und US-Nuklearschirm aus?
Darüber will ich einen anderen schreiben.
Seien wir dankbar, dass die NATO seit 74 Jahren unsere Sicherheit und Freiheit schützt.
Und nur die NATO kann der Ukraine Sicherheit garantieren #UkraineInNATO
29/29
Ich kam, um gegen Desinformation anzuschreiben.
Und blieb, wegen einer starken Community: #NAFO.
Ich bin beim Zukunftsforum in Leipzig, 11./12. Oktober 2024