Wo steht das Bündnis Wagenknecht programmatisch?
Ist es die neue sozialdemokratische Volkspartei?
Sind es sozialistische Revolutionäre?
Oder ist es nur eine Vorfront-Organisation des Kreml?
Eine Durchsicht der Wahlprogramme in 3 Bundesländern gibt interessante Einsichten:
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Die Landtags-Wahlprogramme für BB, SN und TH unterscheiden sich in Umfang und Gliederung stark, enthalten dabei in einigen Abschnitten gleiche oder ähnliche Textbausteine.
Dabei fallen inhaltliche Unterschiede und Widersprüche auf, wenn man sich das “Eingemachte” anschaut.
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Kapitel werden mit länglichen Lamentos über den schlechten Zustand des Landes begonnen, die teilweise mehr als die Hälfte des Gesamttextes ausmachen.
Hier ist die Rede von Katastrophen, Blamagen etc.
Der Staat wird als bevormundend und bürgerfremd beschrieben.
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Darauf folgen in der Regel sehr allgemeine abstrakte Beschreibungen eines erwünschten Idealzustands, z.B.
Bessere Bildung
mehr Gerechtigkeit
mehr Frieden
Pünktliche Züge
auskömmliche Landwirtschaft
Bessere Versorgung im ländlichen Raum.
Punkte die jede Partei unterschreibt.
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Der Textanteil, der konkrete politische Forderungen oder sogar Lösungsansätze für die beanstandeten Mängeln bzw. zum Erreichen der gewünschten Idealvorstellungen beinhaltet,
beträgt nur etwa 30 % der Wahlprogramms.
Und diese Forderungen kann man in 2 Gruppen teilen:
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Etwa 25 % aller politischen Forderungen beziehen sich auf Bundespolitik, können also in Bundesländern gar nicht umgesetzt werden.
Hier geht es um wesentliche Änderungen z.B. des Steuer-, Justiz-, Sozial- , Asyl-, Einwanderungsrechts und der Bündnis- und Außenpolitik.
6/23
Diese teilweise utopischen + populistischen Forderungen werden garniert mit einer Vielzahl von etwa 160, teilweise kleinteiligen landesspezifischen Forderungen, die ein möglichst breites Spektrum ansprechen sollen.
Für jede gesellschaftliche Gruppe ist darin etwas zu finden.
7/23
Hier beispielhaft Forderungen von BSW, die unterschiedliche Kernklientel anspricht:
Bürokratieabbau für Unternehmen (FDP)
Ausbau EE und Regionale Landwirtschaft (Grüne)
Höherer Mindestlohn (SPD)
Einwanderungsstopp (AfD)
Abbau von Regelungen für die Landwirtschaft (CDU/CSU)
8/23
Dabei werden Widersprüche zwischen Forderungen in Kauf genommen.
Auf der einen Seite wird der bevormundende Staat, insbesondere durch die Grünen beklagt,
auf der anderen Seite wimmelt es beim BSW z.B. im Bildungsbereich nur so von geplanten Verboten und Pflichten.
9/23
Während in den Kopftexten viel von “Zerstörtem Vertrauen in den Staat” gesprochen wird, scheint das Vertrauen des BSW in die Kompetenz der Lehrkräfte nicht groß zu sein.
Nebenbemerkung:
Wo die Wagenknechtler gendern also verbieten,
wird im Wahlprogramm der LINKEN gegendert_
10/23
Ein Thema, mit dem das BSW wohl Unternehmerschaft und Mittelstand ansprechen will, ist Bürokratieabbau.
Er wird in allen(!) Verwaltungs- und Politikfeldern thematisiert.
Alles soll dereguliert und entschlackt werden, effizienter werden, Vorschriften auf den Prüfstand.
11/23
Und wie soll die Entbürokratisierung laut BSW erfolgen?
Zum einen durch umfassende Prüfungen.
Alles soll auf den Prüfstand kommen.
Dazu sollen neuer Gremien, Expertenräte & Kommissionen eingerichtet werden.
Man könnte fragen: Soll hier Klientel versorgt werden?
12/23
Warum so viele Prüfaufträge, wenn in der BSW viele erfahrene Kommunal- und Landespolitiker und Politikerinnen sitzen, die seit Jahren politisch Verantwortung tragen?
Warum vermeidet man zu vielem konkrete Aussagen?
Sollen Themen absichtlich offen gehalten werden?
14/19
Zum anderen setzt das BSW auf “direkte Demokratie”, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
In Thüringen sollen Plebiszite per Verfassungsänderung eine stärkere Rolle auf allen Ebenen von Politik und Verwaltung bekommen.
Dazu soll das Finanztabu fallen.
13/23
Das heißt:
Wenn Aktivisten ein bestimmtes Quorum an Bürgern
-das weit unter der Mehrheit liegen kann-
mobilisieren können, könnten per Volksabstimmung an Parlament und Regierung vorbei die Ausgabe staatlicher Gelder oder der Stopp beschlossener Gesetze durchgesetzt werden.
15/23
Wer glaubt, “Direkte Demokratie” sei demokratischer als die “Parteien-Demokratie”,
schaue sich die Ergebnisse von Brexit und diverse Entscheidungen in der Schweiz an, z.B. das rechtswidrige “Moschee-Verbot”, die von emotional mobilisierten Minderheiten herbeigeführt wurden.
16/23
Interessant die mehrfache Verwendung von “dog whistle”-Schlagworten aus dem Alt-Right/ Querdenker-Millieu.
- Keine Bargeld-Abschaffung
- Corona-Untersuchungsausschuss
-Diskriminierung der Impfgegner
-WHO-Pandemievertrag
-grün-autoritärer Politikstil
-Meinungsdiktatur im ÖRR
17/23
Außerdem interessant:
Die umfassenden konkreten Forderungen des BSW für landwirtschaftliche Betriebe.
Selten wird es so konkret wie hier.
Wünsche des Bauernverbandes werden 1:1 ins Parteiprogramm übernommen.
Entsteht hier eine populistische Konkurrenz für CSU/ Freie Wähler?
18/23
Im Vergleich dazu fallen die Vorschläge des BSW in der Sozialpolitik abseits bundespolitischer Forderungen auf der jeweiligen Landesebene weniger konkret aus:
Tarifbindung z.B. wird abstrakt gefordert-
doch nur für Brandenburg gibt es eine konkrete, kleinteilige Idee dazu.
19/23
Die Parteiprogramme des BSW wirken wie bunte Pralinenschachteln: Die jeder Klientel, von rechts bis links, von grün bis liberal etwas süßes bieten.
Wenig ist konkret - und das dann oft nur bundespolitisch erreichbar.
Sie unterscheiden sich deutlich von dem der Linkspartei.
20/23
Neben den außenpolitischen Themen (“Frieden”) scheint man auf Stimmenfang mit populären Themen zu gehen, auf das jeweilige Bundesland abgestimmt:
In Sachsen werden Studentenwohnungen gefordert, in Brandenburg Schutz des Grundwassers.
Unspezifisch, aber am Puls der Wähler.
21/23
Hier wurde den BSW-Kadern auf Landesebene offensichtlich eine gewisse thematische Beinfreiheit gegeben.
Die wichtigen (bundespolitischen) Themen sind aber zentral vorgegeben und stehen jeweils prominent am Anfang der Programme.
->Partei-Strukturen analysiert
@Sparty
22/23
Im 2. Thread werde ich die zentralen bundespolitischen Themen des BSW
“Frieden mit Russland”
“Migrations-Stopp” und
Finanzpolitik
genauer anschauen und die Frage diskutieren,
wofür und für wen es diese “Gemischtladen-” Partei im politischen Spektrum überhaupt gebraucht hat.
23/23