Diskreditierung in der Debatte
Matthias Platzeck, Ex-Chef des deutsch-russischen Forums, beklagte im TAZ-Interview am Montag “die Diskreditierung” derjenigen, die Diplomatie forderten.
Frage: Haben sich einige nicht selbst diskreditiert in der Debatte?
Blick nach 2022:
1/20
Im Januar 2022, 4 Wochen vor dem russischen Einmarsch, erklärte Platzeck mit unerschütterlichem Selbstvertrauen:
“Jede Abhängigkeit mehr [mit Russland] verringert Kriegsgefahr, verringert Konfliktgefahr, an der alten Weisheit hat sich nichts geändert.”
2/20
Diese “Weisheit”
-das sollte mittlerweile Konsens in der deutschen Debatte sein-
hat sich bestenfalls als furchtbarer Irrtum herausgestellt.
Solche Aussagen von politisch informierten Personen mit Russland-Kenntnissen konnte man auch Anfang 2022 als bewusste LĂĽgen einstufen.
3/20
Gerade die enge Abhängigkeit der Ukraine von und zu Russland war Auslöser vieler Konflikte. Putin nutzte diese Abhängigkeiten für direkte Einmischung in die ukrainische Innenpolitik seit 2004, als eine Mehrheit in der Ukraine für eine Westorientierung des Landes plädierte.
4/20
Wir wissen nicht, wie es um die Russland-Kenntnisse von Platzeck bestellt ist und was ihn qualifizierte, im März 2014 - zeitgleich zur russischen Annektion der Krym - zum Vorsitzenden des Deutsch-Russischen Forums gewählt zu werden.
Denn er zeigte weitere KenntnislĂĽcken:
5/20
Zu Beginn des Interviews 2022 drosch Platzeck auf einen Strohmann ein:
Der Westen habe geglaubt, Russland habe keine Interessen.
Wer hat das je behauptet?
Russland hat seit 1991 seine Interessen z.B. in Tschetschenien, Georgien und Moldawien immer brutal durchgesetzt.
6/20
Platzeck behauptete damals, russisches Interesse sei es angeblich, “auf Augenhöhe” in westliche Sicherheitsarchitektur einbezogen zu werden.
Kannte Platzeck die OSZE und die NATO-Russland-Grundakte nicht, die Russland genau diese Einbeziehung auf Augenhöhe ermöglicht hatte?
7/20
“Wir haben [Putin] vielleicht nicht scharf genug zugehört”
- das gilt wohl eher fĂĽr Platzeck.
Denn wenige Monate vorher, im Juli 2021, hatte Putin das Pamphlet “Über die historische Einheit der Russen und Ukrainer” veröffentlicht.
Hier das Original:
8/20
http://en.kremlin.ru/events/president/news/66181…Darin nannte Putin den ukrainischen Staat ein "anti-russisches Projekt", das Ergebnis einer ausländischen Verschwörung sei, stelle die ukrainischen Grenzen in Frage und behauptete:
"Kiew braucht den Donbass einfach nicht”.
Das alles wusste Platzeck.
https://en.wikipedia.org/wiki/On_the_Historical_Unity_of_Russians_and_Ukrainians…
9/20
Schlecht gealtert:
Platzecks Framing 2022, Putin habe der Aufmarsch RU Truppen seit September 2021 an der ukrainischen Grenze angeordnet, “damit jemand mit ihm redet”.
Trotz Putins HeimtĂĽcke haben Leute wie Platzeck ihr Narrativ, Putin wolle verhandeln, wohl nie aufgegeben.
10/20
Peinlich Platzecks Behauptung, nie habe jemand mit Russland geredet - dabei ignoriert er so wie der Kreml die unzählige Gespräche und Gesprächsangebote von 2014-21.
Platzeck unterstellte Putin gute Intentionen, aber sah alleine beim Westen die Verantwortung für eine Lösung.
11/20
Auch Platzecks Behauptung, Russland habe immer zuverlässig Energie nach Deutschland geliefert war ein Irrtum -oder eine Lüge.
Denn Putin hatte z.B. die Druschba-Pipeline 2007 gesperrt, als politisches Druckmittel gegen Belarus. Auch in Deutschland kam damals kein Ă–l mehr an
12/20
Die “Irrtümer” oder bewussten Lügen von Politikern wie Matthias Platzeck über die Zuverlässigkeit Russlands führten Deutschland in 2022 fast in eine wirtschaftliche und industrielle Katastrophe
- nachdem RU deutsche Gasspeicher geleert hatte und die Gasversorgung kappte.
13/20
Schon vor dem russischen Einmarsch plädierte Platzeck für “Verhandlungen mit Russland” unter Ausklammerung der Krym,
damit man in der Ostukraine
“nen wesentlichen Schritt weiter kommt” und
- das war ihm wichtig -
die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden können.
14/20
Man fragt sich heute, was für einen “wesentlichen Schritt” Platzeck im Januar 2022 in der Ostukraine “weiter kommen” wollte?
Die Ukraine war daran interessiert, die zerstörerischen Entwicklungen die Russland dort begonnen hatte, zurückzudrehen.
Putin wollte “weiter kommen”.
15/20
Wenn Platzecks heute die Schuld für hohe Wahlergebnisse von AfD und BSW in Ostdeutschland allein “dem Westen” zuschiebt, kann man das als Unverschämtheit werten.
Denn Russlands Einfluss-Kampagnen, die Angst vor FlĂĽchtlingen & Atomkrieg schĂĽren, blendet er dabei locker aus.
16/20
Blendet man wie Platzeck diese RU Subversion aus, kann man einen behaupteten "Wählerwillen Ostdeutschlands" nutzen,
um dahinter die kontrafaktische Wunschformel zu verstecken,
irgendwelche "Diplomatie" unter BerĂĽcksichtigung von Putins Interessen wĂĽrde den Krieg beenden.
17/20
Haben sich Politiker wie Platzeck nach dem Schaden, den sie fĂĽr Deutschland angerichtet haben, nicht selbst diskreditiert in der Debatte?
Denn was heißt das Wort “Diskreditieren”?
Untergraben von Vertrauen.
Und ja, Leute wie Platzeck haben Vertrauen in Politik untergraben.
18/20
Es soll hier nicht darum gehen, Teilnehmern der Debatte “den Mund zu verbieten”.
Sondern von ihnen einzufordern, die eigenen Fehler von vor 2022 aufzuarbeiten, statt sie unverdrossen fortzusetzen. Verhandlungen mit Putin funktionierten damals nicht, genauso wenig wie heute.
19/20
Und wohin deutsch-russische Freundschaft auf Kosten osteuropäischer Nachbarn (wie Platzeck sie wohl anstrebt?) führt,
sollte uns der Jahrestag heute vor 85 Jahren erinnern:
Als enge deutsche und sowjetische "Freunde" die Unterwerfung Polens feierten.
20/20
https://x.com/Schizointel/status/1836948853133607290…